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Larisa - Gedanken über den Wert eines Straßentieres

Ein Bericht von Ronja Rolle

Es ist so weit, der nächste Besuch in der griechischen Stadt Larisa steht an und damit einhergehend die Kastration von Straßentieren. Dieses Mal liegt der Fokus auf der Kastration von Straßenkatzen. Der Ablauf ist derselbe. Wir kommen an, bauen alles auf und in Windeseile liegt auch schon das erste Tier auf dem OP Tisch. Routiniert operiert Melanie ein Tier nach dem anderen und es kommt danach in den Nachsorgebereich. So vergehen die Tage und wir arbeiten von morgens um 9 Uhr bis abends um 20 Uhr. Pause? Vielleicht eine kurze, denn wir haben ja ein Ziel! Und so arbeiten wir alle hoch motiviert daran, jeden Tag die maximale Anzahl an Tieren zu kastrieren.

Ein eingespieltes Team, ein eingespielter Ablauf und doch hat man immer ein drückendes Gefühl in der Magengrube. Wir operieren in einem Tierheim und so sind Hundegebell und Hundefiepen unser täglicher Begleiter. Ich nehme mir vor, dieses Mal keinen Blick in das Tierheim zu werfen, denn ich weiß aus vergangenen Einsätzen in Larisa und Veria, wie trostlos der Anblick der Hunde in den Tierheimen ist. Die Tierheime in Griechenland sind nicht mit denen in Deutschland zu vergleichen. Meistens sitzen die Hunde in kleinen Käfigen und dürfen vielleicht zwei Stunden am Tag nach außen. Der Außenbereich ist aber genauso klein und Sozialkontakt zu anderen Hunden haben die wenigsten. Der Boden in den Tierheimen ist immer feucht, da die Reinigungsmethoden immer dieselben sind. Einmal am Tag wird mit einem Wasserschlauch der Kot und Urin in eine Rille gespritzt. Manchmal sind die Hunde in unmittelbarer Nähe und werden ebenso nass gespritzt. Was zurück bleibt ist ein nasser, kalter Boden auf dem die Tiere auch im Winter leben müssen. Oftmals gibt es keine Plastikschale, wo sich die Hunde hineinlegen können und so gibt es kein Entkommen von dem nassen, kalten Boden. Sowohl Welpen, die noch kein ausgebautes Immunsystem haben, als auch alte Hunde, die zum Teil Gelenkprobleme haben oder krank sind, müssen sich in diese Umstände fügen. Auch das Futter ist nicht so zusammengesetzt, wie es die Hunde benötigen. So bekommt jeder Hund dasselbe schlechte Billigfutter, unabhängig vom Alter oder dem Gesundheitszustand.

Ich versuche die Gedanken zu verdrängen und konzentriere mich auf meine Arbeit. Doch es kommt wie es kommen muss und wir werden zu einem Wurf Welpen gerufen, denen es nicht gut geht. Wir betreten das Tierheim und schauen in sechs  traurige Hundegesichter. Sie sind vielleicht 12 Wochen alt und teilen sich einen kleinen Käfig mit ihrer Mutter. Die Mutter selbst sieht ausgezehrt aus und man sieht deutlich die Rippen hervortreten. Die Welpen blicken uns apathisch an, alle zittern am ganzen Körper. Unser Verdacht wird wenige Minuten später bestätigt.

Sie haben Staupe, eine hochansteckende Viruserkrankung, die nur schwer behandelbar ist. Ob sie die Staupe Erkrankung überleben, werden die nächsten Tage zeigen. Mein Blick schweift ab in die einzelnen Käfige. Der Lärmpegel ist gewaltig. Die Hunde zwingen sich durch die Gitterstäbe, um eine kleine Streicheleinheit oder ein Leckerli zu erhaschen. Sie sitzen zum Teil schon seit Jahren in ihren Käfigen, sind unausgelastet und haben in ihrem Leben wahrscheinlich nur sehr selten eine liebevolle Streicheleinheit oder ein liebevolles Wort erhalten.

Es ist alles dabei. Junge Welpen, unterernährte, alte und kranke Hunde, die vom Leben gezeichnet sind. Ich blicke in die Gesichter und mir wird schwer ums Herz. Ist doch für alle diese Hunde ihre Zukunft so ungewiss. Meine Kehle zieht sich zu und ich überlege fieberhaft, ob ich nicht jemanden kenne, der einen Hund nehmen würde. Doch wer will schon einen alten oder kranken Hund? Die Wertvorstellung von so einem Straßentier ist oftmals einfach eine geringere. Und so kenne auch ich einige Menschen in meinem Umfeld, die sich lieber einen Welpen von einem Züchter holen würden, als einem Tier aus einem Tierheim eine Chance zu geben. Ich kann diese Entscheidung nicht nachvollziehen und würde lügen, wenn mich diese Einstellung nicht auch wütend machen würde. Doch letztendlich muss das jeder für sich selbst entscheiden. Ich kann nur aufklären und zeigen, was für wundervolle Tiere das sind und sie keineswegs ansteckend, aggressiv oder unzugänglich sind. Natürlich sind es Tiere mit einer Vergangenheit und sie benötigen Zeit sich in eine neue Umgebung einzugewöhnen. Aus eigener Erfahrung kann ich jedoch sagen, dass es ein unglaubliches Gefühl ist, einem solchen Tier eine Zukunft, ja ein Leben zu schenken.  
Ich bete für eine Welt, in der Tiere in ihrem Wert gleichgestellt sind und es weniger um Statussymbol oder dem perfekten Aussehen geht. Ich bete für eine Welt, in der sich Menschen für Lebewesen einsetzen, die keine eigene Stimme haben, benachteiligt sind, die leiden und eine ungewisse Zukunft haben. Ich bete für eine Welt, in der wir uns nicht von Idealvorstellungen treiben lassen, sondern die Augen öffnen für die Realität, wenn sie auch manchmal hart und grausam ist.

In traurigen, aber doch hoffnungsvollen Gedanken
Eure Ronja

 

Helfen

Der Förderverein Arche Noah Kreta e.V. ist ein tiermedizinisch orientierter Tierschutzverein, dessen Schwerpunkt die Kastration von Straßentieren ist. Das Team besteht aus mehreren Tierärztinnen und Helferinnen, die international Kastrationsaktionen durchführen.
Jeder bekommt eine Chance auf ein besseres Leben! All das wird nur möglich durch Ihre Spende!

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In vielen unserer Projekte werden regelmässig Helfer benötigt. Manchmal brauchen wir tiermedizinisch vorgebildete Unterstützung. Manchmal einfach Menschen, die die Tiere vor und nach der OP betreuen, Boxen waschen und anpacken, wo Hilfe benötigt wird. Wenn Ihr der Meinung seid, dass wir Euch kennenlernen sollten, sendet uns eine Email an   jobs@tieraerztepool.de.
Oft aber kann jeder einfach helfen - so zum Beispiel bei den Kastrationsprojekten auf Rhodos oder in Epanomi. Hier werden Leute benötigt, die Katzen vom und zum Fangort fahren, Fallen und Boxen reinigen usw.

In den Helfergruppen auf Facebook könnt Ihr Euch vernetzen:

  Flying Cats e.V. - Kastrationsprojekt Rhodos - Helfer

  ACE - Tiere in Not (Epanomi)

TierInsel Umut Evi e.V.: Kontaktaufnahme über tierinsel-tuerkei-vorstand@t-online.de